Fazit Themenforum Staat: Mehr Nutzerorientierung von Staat und Verwaltung

31.03.2022

Mann sitzt mit Kind und anderen KollegInnen vor Laptop in einem MeetingraumIn unserem letzten Blogbeitrag vergangene Woche haben wir Ihnen die wichtigsten Ergebnisse aus den Interviews zum Digitalplan vorgestellt. In den kommenden vier Wochen möchten wir unsere Erkenntnisse aus den vier Themenforen zum Digitalplan – Workshops mit Digitalexpertinnen und -Experten aus ganz Deutschland – mit Ihnen teilen.

Die Themenforen verteilten sich auf  die vier Themenfelder Staat, Gesellschaft, Lebensräume und Wertschöpfung. Jedes dieser Themenfelder wurde in sechs Unterthemen aufgeteilt. Das Ziel war die Erarbeitung von Maßnahmen zur Gestaltung der Digitalisierung in den genannten Themenfeldern.

Für den Bereich Staat, dessen Ergebnisse wir Ihnen in diesem Blogpost ausführlich darstellen möchten, wurden zahlreiche Maßnahmenvorschläge für die Unterthemen “E-Government”, “Infrastruktur”, “Kommunen”, “Mitarbeitende”, “Rechtliche Rahmenbedingungen” und “Staatsorganisation” von insgesamt 48 Teilnehmenden diskutiert und erarbeitet.

Im Folgenden stellen wir Ihnen die aus unserer Sicht wichtigsten Ergebnisse vor. Einen Überblick des gesamtes Workshops finden Sie in der folgenden Grafik.

Grafic Recording zum Thema Staat

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Im Bereich E-Government stand die Frage im Fokus, wie moderne, effiziente und zukunftsfähige Strukturen sowie eine Kultur der Bürgerorientierung in Staat und Verwaltung etabliert werden können. Die einhellige Meinung: Staat und Verwaltung müssten Bürgerinnen und Bürger sowie Organisationen wie Unternehmen und Vereine als ihre Nutzerinnen und Nutzer stärker in die Entwicklung digitaler Lösungen einbeziehen und die Nutzerzentrierung als übergreifendes Ziel verstehen.

Dafür schlugen die Teilnehmenden unter anderem Formate wie Digitallabore vor. Das sind Experimentierräume, in denen Lösungen wie neue Webseiten oder Software der Verwaltung im engen Austausch zwischen Mitarbeitenden der Verwaltung, Nutzerinnen und Nutzern sowie bei Bedarf Software-Entwicklerinnen und Entwicklern oder User Experience-Fachleuten konzipiert werden können.

Beim Thema Infrastruktur drehte sich alles um die Frage, wie die staatliche IT und IT-Infrastruktur gestärkt werden kann. Zu den dringendsten Handlungsempfehlungen zählte dabei der flächendeckende Breitbandausbau beziehungsweise die Beschleunigung des Ausbaus durch zügigere Genehmigungsverfahren oder die Anpassung rechtlicher Rahmenbedingungen wie des Vergaberechts.

Im Bereich Software wurde eine zentrale Beschaffung und Bereitstellung gefordert. Eine Umsetzung in Form einer zentralen IT-Stabsstelle mit ressortübergreifenden Befugnissen, geführt von einem Chief Digital Officer (CDO), wäre hier denkbar. Insbesondere Kommunen, aber auch die Verwaltung allgemein benötige zudem staatliche oder staatlich finanzierte Beratungsangebote, methodische Unterstützung und Anwendungsbeispiele als Inspiration.

Stichwort Kommunen: Hier wurde diskutiert, wie Kommunen bei der Digitalisierung unterstützt werden sollten. Neben zentral bereitgestellten technischen Lösungen, wie plattformbasierten Angeboten, stand die  Digitalkompetenz und ein organisatorischer Wandel  hin zu mehr Nutzerorientierung und Fehlerkultur im Fokus.

Zentrale Handlungsempfehlungen hierzu waren Maßnahmen zur Qualifizierung der Beschäftigten wie Aus- und regelmäßige Weiterbildung, die Überarbeitung der Einstellungskriterien sowie eine Modernisierung und Flexibilisierung der Vergütung und weiterer Anreize. Für erfolgreiches IT-Projektmanagement oder zur Umsetzung von IT-Sicherheit seien Standards und Methodenkenntnisse essenziell. In die Hand nehmen solle diese Aufgaben eine zentrale Digitalagentur, die Hard- und Software sowie Service-, Management- und Beratungsangebote für Digitalisierungsprozesse in Kommunen bereitstellt.

Beim Thema Mitarbeitende ging es nicht nur darum, wie die Expertise und Digitalkompetenz der Beschäftigten in der Verwaltung gestärkt, sondern auch darum, wie die Begeisterung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für ihren öffentlichen Auftrag erhöht werden kann. Entscheidend sei hierfür eine optimierte interne Kommunikation in der Verwaltung. Vorgeschlagen wurde ein kontinuierlicher Digitalisierungsdialog, in dessen Rahmen Führungskräfte strukturiert und in regelmäßigen Abständen mit ihren Mitarbeitenden in den Austausch treten, um Bedarfe und Verbesserungsvorschläge abzufragen.

Ein weiterer zentraler Baustein sei die Weiterbildung von Mitarbeitenden im Hinblick auf digitale und weitere zukunftsorientierte Kompetenzen. In diesem Zusammenhang wurde beispielsweise der Aufbau einer Online-Lernplattform gefordert, die orts- und zeitunabhängig von Verwaltungsmitarbeitenden genutzt werden kann. Zudem wären Formate für eine Intensivierung des fachlichen Austauschs zwischen Mitarbeitenden zu technischen Themen hilfreich. Darüber hinaus sollten Gesetze und Normen gescreent werden, um Handlungsspielräume für den Gesetzesvollzug durch die Behörden zu identifizieren. Mehr Handlungsspielraum stärke die Eigenverantwortung, gewähre mehr Offenheit für neue Entwicklungen und eine schaffe eine höhere Identifikation der Mitarbeitenden in der Verwaltung mit ihrer Arbeit.

Bei der Diskussion, welche weiteren rechtlichen Rahmenbedingungen angepasst werden sollten, standen Normen wie die Europäische Datenschutzgrundverordnung (EU DSGVO), das Vergaberecht und die Umsetzung von Vorgaben der EU- und Bundes-Ebene im Fokus. Gefordert wurde unter anderem, dass Gesetze und Verordnungen nutzerfreundlicher gestaltet werden sollten, indem Sie einem „Digital-Check“ unterzogen werden.

Außerdem brauche es mehr staatliche Beratungsangebote, die sowohl Verwaltung als auch Wirtschaft und Zivilgesellschaft dabei helfen würden, rechtssicher zu handeln und den rechtlichen Rahmen optimal zu nutzen. Am Beispiel der EU DSGVO und des Vergaberechts wurde erörtert, dass es mehr Checklisten und Handreichungen geben sollte, die konkret erkennbar machten, was zu tun sei und welche Spielräume bestehen würden. Dies sei oftmals relevanter, als die rechtlichen Rahmenbedingungen selbst anzupassen.

Letztlich wurden zum Thema Staatsorganisation notwendige Anpassungen in Staatsaufbau und Staatsorganisation als Voraussetzungen für eine moderne und digitale Verwaltung diskutiert. Auch hier waren sich die Teilnehmenden einig, dass Nutzer- bzw. Bürgerorientierung durch die Verwaltung ernst genommen und vorgelebt werden und sich die Verwaltung allgemein mehr als Dienstleister verstehen müsse. Die Teilnehmenden schlugen vor, dass die Bayerische Staatsregierung die Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger und von Organisationen wie Unternehmen oder Vereine als übergeordnetes Ziel der Staatsverwaltung ansehen sollte.

Zudem wurde das Ressortprinzip als hinderlich angesehen. Die Zusammenarbeit zwischen den Ministerien müsse neu definiert werden, um mehr ressortübergreifendes Arbeiten zu ermöglichen. Hierfür müsse auch die Geschäftsordnung der Staatsregierung überarbeitet werden. Außerdem müsse die Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Ministerien auch von Führungskräften vorgelebt werden. Echte ressortübergreifende Arbeit solle beispielsweise in Projekten mit interministeriellen Teams und in intensiver Zusammenarbeit gelebt werden, um zügig von der Theorie in die Praxis zu kommen.

Das waren die unserer Meinung nach wichtigsten Ergebnisse des Themenforums Staat. Wie ist Ihre Einschätzung zu diesen Themen? Diskutieren Sie gern über die Kommentarfunktion mit!

Kommentare (4)

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Tarkus

ID: 335 01.04.2022 17:25
Anregung

Wenn ich mir dass alles so anschaue und lese bin ich nicht sicher ob wir hier in Bayern schnell eine höhere Digitalisierung bekommen. Schaut alles wieder nach einem furchtbaren Bürokratiemonster aus. Warum glaubt den Bayern jetzt wieder selbst ein Rad erfinden zu müssen? Warum nicht erstmal über den Tellerrand schauen? Beispielsweise nach Finnland oder Litauen? Da müssen die Bürger nur noch wegen max. 2 Prozessen auf die Behörde, alles andere geht online. Schickt doch erstmal ein paar IT-Spezialisten und einen Juristen dorthin und lasst Euch die Prozesse zur Digitalisierung mal vorstellen und kopiert sie dann wo sinnvoll für Bayern. Berate gerne auf ehrenamtlicher Basis weiter.

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Dominik Golle (Bayern Innovativ)

Kommentar der Moderation
ID: 338 08.04.2022 14:19

Ich kann den Kommentar nicht mehr kommentieren, deshalb hier:
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